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Spezielle stetige Verteilungen

Weibull-Verteilung

Die Weibull-Verteilung wird unter anderem zur Modellierung von Lebensdauern in der Qualitätssicherung verwendet. Sie wird vor allem bei Fragestellungen wie der Materialermüdung von spröden Werkstoffen oder dem Ausfallen von elektronischen Bauteilen eingesetzt. Benannt ist sie nach dem Schweden Waloddi Weibull. Die Wahrscheinlichkeitsdichte der Weibull-Verteilung ist für x < 0 null. Für x ≥ 0 ist sie definiert als

(4.186)

Die Verteilungsfunktion F(x) der Weibull-Verteilung lautet

(4.187)

Der Parameter β beschreibt, ob die Ausfallrate über der Lebensdauer zunimmt (β > 1), abnimmt (0 < β < 1) oder konstant bleibt (β = 1). Bild 4.26 stellt die Wahrscheinlichkeitsdichte f(x) der Weibull-Verteilung für unterschiedliche Parametervarianten dar.

Bild 4.26: Wahrscheinlichkeitsdichte f(x) der Weibullverteilung für β = 0.5, 1 und 2 und η = 1, 2

Mit wachsendem β geht die Dichtefunktion f(x) der Weibull-Verteilung von einer rechtsschiefen in eine linksschiefe Verteilung über. Das entspricht der anschaulichen Vorstellung der variablen Ausfallrate. Für kleine Werte von β < 1 nimmt die Ausfallrate ab, die Verteilung wird deshalb mit wachsendem Wert der Zufallsvariablen x flacher. Mit einem Wert b > 1 nimmt die Ausfallrate mit wachsendem Wert der Zufallsvariablen x zu.

Der Parameter η beschreibt die Lage der Verteilung auf der x-Achse. Wird mit F(x) die Verteilung von Lebensdauern beschrieben, stellt der Parameter η die charakteristische Lebensdauer dar. Daraus ergibt sich die Folgerung, dass η > 0 sein muss. In Anlehnung an die Zeitkonstante dynamischer Übertragungsglieder entspricht der Parameter η einer Lebensdauer mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 63.2 %. Zur Analyse der Bedeutung des Parameters η stellt Bild 4.27 die Verteilungsfunktion F(x) für unterschiedliche Parameter β und η dar.

Bild 4.27: Verteilungsfunktion F(x) der Weibullverteilung für Parameter β = 0.5, 1 und 2 und Parameter η = 1, 2

Der Mittelwert ergibt sich zu

(4.188)

und die Varianz berechnet sich zu

(4.189)

wobei die Funktion

(4.190)

als Gamma-Funktion [Krey91] bezeichnet wird.

In der Praxis ist die Weibull-Verteilung neben der Exponential-Verteilung die am häufigsten verwendete Lebensdauerverteilung. Dabei wird die in Bild 4.28 gezeigte Darstellung im doppelt logarithmischen Maßstab eingesetzt, wodurch eine Approximation der Verteilung über zwei Geraden ermöglicht wird.

Bild 4.28: Verteilungsfunktion F(x) der Weibullverteilung für β = 0.5, 1 und 2 und η = 1, 2 im doppelt logarithmischen Maßstab

Beispiel: Verteilung von Windgeschwindigkeiten

Statt der Anwendung zur Beschreibung von Lebensdauern wird hier ein Beispiel zur Berechnung von mittleren Leistungen bei Windkraftanlagen aufgegriffen. Der natürliche Wind schwankt in seiner Geschwindigkeit. Um die Energieerzeugung durch eine Windkraftanlage vorhersagen zu können, muss daher bekannt sein, welche Häufigkeitsverteilung der Wind an einem Standort besitzt. Üblicherweise werden die zeitlichen Häufigkeiten der verschiedenen Geschwindigkeiten durch die zweiparametrische Weibull-Verteilung mit den Parametern β und η beschrieben.

(4.191)

Der Parameter β ist der Weibull-Formfaktor und gibt die Form der Verteilung an, er nimmt einen Wert von β = 1 bis 3 an. Einen großen β-Wert gibt es für Winde mit geringen Schwankungen, wie zum Beispiel bei konstanten Passatwinden. In Europa ist ein β-Faktor von 2 üblich. Sehr variable Winde, wie zum Beispiel die Winde im Polargebiet werden durch ein kleines β beschrieben. Der Parameter β nimmt mit der Höhe leicht zu, da Turbulenzen und Schwankungen mit der Höhe sinken.

Der Parameter η ist der Weibull-Skalierungsfaktor in m/s. Er steht in einem bestimmten Verhältnis zum Mittelwert der Windgeschwindigkeit v der Verteilung und ist damit von dem Standort der Windkraftanlage abhängig. Der Parameter η beschreibt damit die Lage der Verteilung auf der Geschwindigkeitsachse.

Bild 4.29 vergleicht die Windgeschwindigkeitsverteilung von Europa (β = 2) mit der Windverteilung von Passatwinden (β = 3) für einen konstanten Skalierungsfaktor von η = 10.

Bild 4.29: Vergleich der Windgeschwindigkeitsverteilungen von Europa (β = 2) mit der Windverteilung von Passatwinden (β = 3) jeweils für einen Skalierungsfaktor η = 10

Windkraftanlagen arbeiten in einem definierten Geschwindigkeitsintervall. Bei diesem Beispiel wird eine Windkraftanlage zugrunde gelegt, die bei Geschwindigkeiten zwischen 5 und 15 m/s arbeitet, einen Rotorradius von 5 m und einen als konstant angenommenen Leistungsbeiwert cp = 0.48 besitzt. Die mittlere Leistung P der Windkraftanlage errechnet sich nach mit einer Dichte und ρ = 1.2 kg/m³ aus dem Erwartungswert

(4.192)

Dabei werden für f(v) je nach Standort unterschiedliche Weibull-Verteilungen zugrunde gelegt. Für das Beispiel ergibt sich bei einem Standort in Europa ein Erwartungswert von 15.4 kW, bei einem Standort mit Passatwinden ein Erwartungswert von 19.1 kW. Aufgrund der engeren Verteilung bei Passatwinden befindet sich die Windkraftanlage oft in dem Betriebsbereich. Mit steigendem Wert β steigt deshalb die Ausbeute der Windenergie.

Die zur Berechnung erforderliche MATLAB-Sequenz zeigt sich wie folgt.

 

Die Realisierung in Python führt zu demselben Ergebnis.

Die Weibull-Verteilung geht für eine konstante Ausfallrate (β = 2) in die Rayleigh-Verteilung über, bei der sich der Koeffizient b errechnet aus

(4.193)

Die Rayleigh-Verteilung wird in Abschnitt 4.6.5 eingeführt und diskutiert.

Ein weiterer Sonderfall der Weibull-Verteilung stellt die Exponential-Verteilung dar. Sie ergibt sich aus der Weibull-Verteilung für eine konstante Ausfallrate (β = 1). Der Koeffizient λ der Exponential-Verteilung berechnet sich aus den Parametern der Weibull-Verteilung zu

(4.194)

Die Exponential-Verteilung wird im folgenden Abschnitt 4.6.4 eingeführt.