Teil A - Zeitkontinuierliche Signale und Systeme > Darstellung von Systemen im Zustandsraum > 

Darstellung von Systemen im Zustandsraum

Die Laplace- und Fourier-Transformation ermöglicht die Beschreibung von Systemen im Laplace- und Frequenzbereich. Da die Signale und Prozesse Funktionen der Zeit sind, ist die Beschreibung im Laplace- oder Frequenzbereich zwar effizient, aber abstrakt. Außerdem ist eine Systemsimulation im Laplace- oder Fourier-Bereich nicht zweckmäßig.

Um 1960 wurde von Kalman die Beschreibung von Systemen im sogenannten Zustandsraum eingeführt. Dabei ist jeder Koordinate des Zustandsraums eine Zustandsgröße zugeordnet, die den Zustand eines Energiespeichers des Systems beschreibt. Die Eingangs- und Ausgangssignale sowie die Zustandsgrößen sind Funktionen der Zeit. Diese Darstellung kommt damit der praktischen Vorstellung näher als ihre Darstellung im Laplace- oder Fourier-Bereich.

Im ersten Teil dieses Kapitels wird auf den Begriff der Zustandsgröße eingegangen. Außerdem werden Zustandsänderungen mit einem standardisierten Verfahren beschrieben, das zur sogenannten Zustandsgleichung führt. Das Ausgangssignal des Systems ergibt sich aus dem aktuellen Zustand und dem aktuellen Eingangssignal. Es wird über die sogenannte Ausgangsgleichung beschrieben.

Im Zustandsraum werden Systeme mit Matrizen und Vektoren dargestellt. Grundidee ist, eine Differentialgleichung N-ter Ordnung durch N Differentialgleichungen erster Ordnung zu ersetzen. Die Beschreibung im Zustandsraum ist insbesondere für Systeme höherer Ordnung vorteilhaft, da die Matrizenrechnung zu effizienten Beschreibungen führt. Für unterschiedliche Aufgaben existieren unterschiedliche Darstellungsformen von Zustandsgleichungen. Verfahren zum Aufstellen von Systemgleichungen und zum Übergang von einer beliebigen Darstellung zu einer normierten Darstellung werden hergeleitet und an einem Beispiel illustriert. Um den Zusammenhang mit den anderen Darstellungsformen von Systemen herzustellen, werden typische Systemeigenschaften wie Stabilität und Schwingungsneigung diskutiert.

Es werden mehrere Methoden zur analytischen Lösung der Zustandsgleichung behandelt. Sie sind notwendig, um Systemeigenschaften bestimmen und interpretieren zu können. Eim Vorteil der Zustandsgleichung liegt in der zeitdiskreten Realisierung und numerischen Lösung und Simulation von komplexen Systemen. Auf diesen Aspekt wird in Teil B dieser Buchreihe eingegangen.

In dieser Buchreihe werden bis auf wenige Ausnahmen Systeme mit einer Eingangs- und einer Ausgangsgröße behandelt. Auch die Systembeschreibung im Zustandsraum ist auf lineare Systeme mit einer Eingangs- und einer Ausgangsgröße beschränkt. Die hier eingeführte Methodik lässt sich aber auf die Beschreibung von Mehrgrößensystemen erweitern, auch die Beschreibung nichtlinearer und zeitvarianter Systeme ist mit einigen Erweiterungen möglich. Diese Eigenschaften sind die eigentliche Stärke der Darstellung im Zustandsraum.