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Zusammengesetzte Übertragungsglieder

DT1-Glied

Das DT1-Glied wird über die die Differentialgleichung

(9.113)

beschrieben. Die Konstante K wird als Verstärkung, die Konstante T > 0 wird als Zeitkonstante des Systems bezeichnet. Das Strukturbild der Regelungstechnik und die vereinfachte symbolische Darstellung sind in Bild 9.39 dargestellt.

Bild 9.39: Grafische Darstellung des DT1-Glieds, Strukturbild der Regelungstechnik und symbolische Darstellung

Ein DT1-Glied kann analog zu dem PT1-Glied aus elementaren Übertragungsgliedern aufgebaut werden. Das entsprechende Blockschaltbild ist in Bild 9.40 zu sehen. Auch die Reihenschaltung eines D- und eines PT1-Glieds führt zu einem DT1-Glied.

Bild 9.40: Kombination von elementaren Übertragungsgliedern zu einem DT1-Glied

Beschreibung im Zeitbereich

Die Sprungantwort des DT1-Glieds errechnet sich zu

(9.114)

Sie beginnt an der Stelle t = 0 mit dem Wert h(0) = K/T und konvergiert für t → ∞ gegen

(9.115)

Die Impulsantwort besitzt zum Zeitpunkt t = 0 die Ableitung

(9.116)

Die Tangente von h(t) an der Stelle t = 0 schneidet damit die Zeitachse an der Stelle t = T. Zum Zeitpunkt t = T weist die Impulsantwort außerdem 37 % des Wertes K/T auf.

(9.117)

Beide Eigenschaften können zur grafischen Konstruktion der Impulsantwort oder zur Bestimmung der Zeitkonstanten T bei gegebener Impulsantwort verwendet werden.

Bild 9.41: Sprungantwort eines DT1-Glieds

Übertragungsfunktion im Laplace-Bereich

Durch Transformation von Gleichung (9.113) in den Laplace-Bereich ergibt sich die Übertragungsfunktion

(9.118)

Die Übertragungsfunktion hat einen Pol an der Stelle s = - 1/T und eine Nullstelle im Koordinatenursprung. Das Pol-Nullstellen-Diagramm ist in Bild 9.42 dargestellt.

Bild 9.42: Pol-Nullstellen-Diagramm eines DT1-Glieds

Frequenzgang

Der Frequenzgang des DT1-Glieds ergibt sich aus dem Produkt von dem Frequenzgang eines D-Glieds und einem PT1-Glieds.

(9.119)

Damit errechnet sich der Amplitudengang a(ω) aus der Summe der Amplitudengänge von einem Differenzierglied aD(ω) und einem PT1-Glied aPT1(ω).

(9.120)

Entsprechend gilt für die Phasengänge:

(9.121)

Amplitudengang a(ω) und Phasengang des DT1-Glieds sind in Bild 9.43 dargestellt.

Bild 9.43: Bode-Diagramm eines DT1-Glieds mit K = 1

Anhand Gleichung (9.119) und des Bode-Diagramms wird deutlich, dass der Amplitudengang A(ω) für ω → 0 zu null wird. DT1-Glieder übertragen damit keinen Gleichanteil. Sie verhalten sich bei niedrigen Frequenzen wie ein Differenzierer. Daraus ergibt sich für das DT1-Glied auch die Bezeichnung realer Differenzierer.

Übergang zu elementaren Übertragungsgliedern

Aus dem DT1-Glied ergibt sich mit dem Grenzübergang T → 0 ein Differenzierglied, denn es gilt:

(9.122)

Bei einem Grenzübergang T → ∞ kann die Zahl 1 in der Summe des Nenners wieder vernachlässigt werden. Es ergibt sich die Übertragungsfunktion

(9.123)

Das DT1-Glied geht für sehr große Zeitkonstanten T in ein Proportionalglied über.

Beispiele für DT1-Glieder

Bild 9.44 ist einem Feder-Dämpfer-System mit der Federkonstante c und der Dämpfer-Konstante D dargestellt. Eingangsgröße ist die Auslenkung x(t), Ausgangsgröße ist die Kraft F(t).

Bild 9.44: Feder-Dämpfer-System als DT1-Glied

Das System wird um eine Strecke x ausgelenkt, die sich auf eine Auslenkung der Feder und des Dämpfers aufteilt.

(9.124)

Einsetzen der Bauelementgleichungen

(9.125)

führt zu der Übertragungsfunktion eines DT1-Glieds.

(9.126)

Beispiel: Analoger Hochpass

In der Filtertechnik werden Hochpassfilter zum Beispiel zur Unterdrückung der Offset-Drift eines Verstärkers eingesetzt. Die einfachste Realisierung eines Hochpass-Filters ist ein RC-Hochpass, dessen Schaltbild in Bild 9.45 dargestellt ist.

Bild 9.45: Passiver RC-Hochpassfilter

Aus der Maschengleichung

(9.127)

ergibt sich die Übertragungsfunktion

(9.128)

und der Frequenzgang

(9.129)

Der Frequenzgang eines RC-Hochpasses mit einem Widerstand R = 10.05 kΩ wird vermessen. Das Ergebnis ist in Bild 9.46 als Bode-Diagramm dargestellt.

Bild 9.46: Bode-Diagramm eines RC-Hochpassfilters mit einem Widerstand R = 10.05 kΩ

Durch Einzeichnen der Tangenten im Amplitudengang wird eine Grenzfrequenz von ωG = 2110 rad/s ermittelt. An dieser Frequenz beträgt der Phasengang näherungsweise φ(ωG) = - p/4. Über die gemessene Grenzfrequenz kann die Kapazität des Kondensators bestimmt werden zu

(9.130)

Das Beispiel zeigt, dass die Bestimmung von Parametern auch im Frequenzbereich erfolgen kann.