Mit einem PT1-Glied lassen sich viele technische Vorgänge zumindest näherungsweise beschreiben. Beispiele sind das Anlaufverhalten von Motoren, Aufheiz- und Abkühlvorgänge und der Druckaufbau in Systemen mit kompressiblen Medien. Das bereits diskutierte RC-Glied ist ebenfalls ein PT1-Glied.
Für die Ansteuerung eines Gebläsemotors wird ein Schalter eingesetzt, der mit einem Feldeffekt-Transistor realisiert wird. Im eingeschalteten Zustand weist der Schalter einen Widerstand RDS auf. Ein Stromfluss durch den Transistor führt zu einer Verlustleistung pEL(t), die den Transistor aufheizt. Es entsteht eine Temperaturdifferenz J zur Umgebung. Der Transistor ist an einem Kühlkörper montiert, der eine Wärmekapazität CTH und einen thermischen Widerstand RTH zur Umgebung aufweist.
Das Aufheizverhalten wird über die Differentialgleichung
|
(9.96)
|
beschrieben. Die Transformation der Differentialgleichung in den Laplace-Bereich
|
(9.97)
|
führt zu der Übertragungsfunktion
|
(9.98)
|
Da die Wärmekapazität CTH und der thermische Widerstand RTH unbekannt sind, wird zur Bestimmung der Werte eine Sprungantwort aufgenommen. Dabei wird ab dem Zeitpunkt t = 0 ein konstanter Strom i(t) erzeugt und die Temperatur J(t) des Kühlkörpers über Thermoelemente erfasst. Es ergibt sich der in Bild 9.31 dargestellte Temperaturverlauf.
Bild 9.31: Temperaturverlauf eines Kühlkörpers nach Einschalten eines konstanten Stroms
Die Leistung berechnet sich aus dem Produkt von Spannungsabfall UDS und Strom i(t). Sie ist konstant und beträgt pEL(t) = 1.2 W. Dem Verstärkungsfaktor K entspricht bei diesem System der thermische Widerstand RTH. Aus der stationären Temperaturerhöhung von J = 24.5 K bei einer Verlustleistung von pEL = 1.2 W ergibt sich ein thermischer Widerstand von
|
(9.99)
|
Die Zeitkonstante des Systems ergibt sich aus
|
(9.100)
|
Die Zeitkonstante entspricht dem Zeitpunkt, an dem 63 % der Sprunghöhe erreicht werden. Aus dem Diagramm ergibt sich
|
(9.101)
|
und die Wärmekapazität errechnet sich zu
|
(9.102)
|
Das Beispiel zeigt, wie die unbekannten Parameter eines Übertragungssystems über die Sprungantwort h(t) des Systems bestimmt werden können.