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Zeitkontinuierliche Systeme im Zeitbereich

Die Systemtheorie beschäftigt sich mit der Analyse und Synthese von Systemen. Sie erlaubt das Systemverhalten zu prognostizieren, Stabilitätsaussagen zu treffen und die Kopplung verschiedener Teilsysteme zu beschreiben.

Ein System kann ein oder mehrere Ein- und Ausgangssignale aufweisen, die in dem Eingangsvektor u beziehungsweise dem Ausgangsvektor y zusammengefasst sind. Die Eingangssignale u werden von dem System nicht beeinflusst, sie existieren auch ohne das System und das System hat keine Rückwirkung auf sie. Eingangssignale sind damit zum Beispiel Leerlaufspannungen idealer Spannungsquellen. Aufgrund der Anregung durch die Eingangssignale u kann sich die in dem System gespeicherte Energie ändern. In der Systemtheorie wird davon gesprochen, dass sich damit der Zustand des Systems geändert hat. Zum Beispiel ändert sich bei einem RC-Tiefpass die in dem Kondensator gespeicherte elektrische Energie und damit der Zustand des Systems, wenn die Eingangsspannung variiert wird. Die Ausgangssignale y ergeben sich aus dem aktuellen Systemzustand und den aktuellen Eingangssignalen. Die Ausgangssignale werden auch Reaktion des Systems oder Systemantwort genannt.

Ein System kann mit folgendem Blockschaltbild dargestellt werden. Systeme mit mehreren Ein- und Ausgangsvariablen werden als Mehrgrößensysteme bezeichnet. Im Rahmen dieser Vorlesung werden bevorzugt Eingrößensysteme behandelt, die eine Eingangsgröße u und eine Ausgangsgröße y besitzen.

Bild 3.1: System mit Ein- und Ausgangssignalen

Einige Systeme lassen sich direkt mit algebraischen Gleichungen beschreiben. Ein Beispiel für ein solches System ist ein Spannungsteiler, bei dem sich die Ausgangsspannung direkt aus der Eingangsspannung und dem Widerstandsverhältnis ergibt. Systeme, die sich über algebraische Gleichungen beschreiben lassen, besitzen keine Energiespeicher. Oftmals finden bei praktischen Anwendungen aber Einschwingvorgänge statt. Ursache für diese Einschwingvorgänge sind Energiespeicher, deren Zustände sich durch eine Anregung ändern. Ein Beispiel für ein System mit Energiespeicher ist ein RC-Tiefpass, bei dem ein Kondensator über einen Widerstand aufgeladen wird. Die Ausgangsspannung des Kondensators ist eine Funktion der Zeit. Systeme mit Energiespeichern werden als dynamische Systeme bezeichnet. Dynamische Systeme beschreiben viele aus dem Alltag bekannte Prozesse. Beispiele sind Pendelbewegungen, das Verhalten elektrischer Schaltungen mit Kondensatoren und Spulen sowie thermische und chemische Prozesse. Es wird sich zeigen, dass die Systembeschreibung dynamischer Systeme aus einer oder mehreren Differentialgleichungen besteht.

Auf Basis der mathematischen Beschreibung werden in diesem Kapitel wesentliche Systemeigenschaften eingeführt. Diese Diskussion führt zur Untergruppe linearer, zeitinvarianter Systeme. Viele Vorgänge oder Prozesse lassen sich zumindest näherungsweise als lineare, zeitinvariante Systeme beschreiben. Die Eigenschaften Linearität und Zeitinvarianz erlauben eine vergleichsweise übersichtliche Beschreibung und vergleichsweise einfache Berechnung der Systemantwort. Dazu werden unterschiedliche Verfahren vorgestellt.

An einem Projekt mit Feder-Masse-Systemen werden lineare und nichtlineare Systeme theoretisch und experimentell miteinander verglichen.

Viele Systeme lassen sich über lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten beschreiben. Im folgenden Abschnitt werden einige einführende Beispiele vorgestellt.