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Interpretation der Übertragungsfunktion

Gebrochen rationale Übertragungsfunktionen charakterisieren lineare, zeitinvariante Systeme im z-Bereich. An der Übertragungsfunktion lassen sich auch ohne Rücktransformation in den Zeitbereich wichtige Systemeigenschaften ablesen. In diesem Abschnitt werden wichtige Zusammenhänge zwischen der Übertragungsfunktion im z-Bereich und dem Systemverhalten im Zeitbereich hergeleitet

Exkurs in die Darstellungsformen von Übertragungsfunktionen

Bei der Diskussion der Übertragungsfunktion werden unterschiedliche Darstellungsformen genutzt. Sie werden an dieser Stelle miteinander verglichen und ihre Bedeutung für die Systemtheorie herausgearbeitet.

Darstellungsformen zeitdiskreter LTI-Systeme

Die Übertragungsfunktion von zeitdiskreten LTI-Systemen kann auf unterschiedliche Art dargestellt werden. Die Beschreibung eines Systems mit der Differenzengleichung

(6.50)

ist direkt mit einer Übertragungsfunktion der Form

(6.51)

verknüpft. Um ein System mit Hilfe von Speichergliedern zu realisieren, wird die Gleichung nach Y(z) aufgelöst.

(6.52)

Es ergibt sich die in Bild 6.7 gezeigte kanonische Darstellungsform von Systemen mit Speichergliedern.

Bild 6.5: Kanonisches Blockschaltbild eines linearen, zeitinvarianten Systems im zeitkontinuierlichen Bereich

Durch Erweiterung der Übertragungsfunktion (6.51) mit zN ergibt sich eine Übertragungsfunktion, bei der für d0 ≠ 0 Zähler- und Nennergrad identisch sind.

(6.53)

Diese Darstellungsform wird bei der Rücktransformation einer z-Transformierten G(z) durch Partialbruchzerlegung eingesetzt.

Beispiel: Darstellungsformen von Übertragungsfunktionen

Gegeben ist ein System mit der Differenzengleichung

(6.54)

und der daraus resultierenden Übertragungsfunktion

(6.55)

Auflösen nach Y(z) ergibt

(6.56)

Bild 6.7 zeigt die kanonische Darstellungsform des Systems mit Speichergliedern.

Bild 6.6: Kanonisches Blockschaltbild Systems mit der Differenzengleichung (6.54)

Die Übertragungsfunktion hat im Zähler eine Ordnung von M = 1 und im Nenner eine Ordnung N = 2. Erweitern der Übertragungsfunktion mit z² führt zu der Darstellung

(6.57)

Zähler- und Nennerpolynom haben denselben Grad N = 2. Nach Polynomdivision ergibt sich eine echt gebrochen rationale Funktion

(6.58)

Sie kann als Summe von Partialbrüchen dargestellt

(6.59)

und in den Zeitbereich zurücktransformiert werden.

(6.60)

Darstellungsformen zeitkontinuierlicher LTI-Systeme

Auch bei zeitkontinuierlichen Systemen kann die Übertragungsfunktion auf unterschiedliche Arten dargestellt werden. In Teil A dieser Buchreihe wird in Kapitel 5 z-Transformation von Signalen ausgehend von einer Differentialgleichung N-ter Ordnung

(6.61)

die Übertragungsfunktion

(6.62)

bestimmt. Die Interpretation des Systems erfolgt anhand dieser Darstellungsform mit Zähler- und Nennerpolynom. Da die Differentiation im Zeitbereich nicht kausal ist, kann diese Darstellungsform jedoch nicht zur Simulation zeitkontinuierlicher LTI-Systeme verwendet werden. Deshalb wird im < a href="http://www.eit.hs-karlsruhe.de/mesysto/teil-a-zeitkontinuierliche-signale-und-systeme/zeitkontinuierliche-systeme-im-zeitbereich/simulation-linearer-zeitinvarianter-systeme.html">Abschnitt 3.5 Simulation linearer, zeitinvarianter Systeme von Teil A dieser Buchreihe die Differentialgleichung N-mal integriert. Analog zu Gleichung (6.51) ergibt sich der Ausdruck

(6.63)

Ausmultiplizieren der Gleichung

(6.64)

und Auflösen nach Y(s) führt mit c0 = 1 zu dem Ausdruck

(6.65)

Um die Integrierer zusammenfassen zu können, wird die erste Summe zerlegt.

(6.66)

Es ergibt sich die in Bild 6.7 gezeigte kanonische Darstellungsform von Systemen mit Integrierern.

Bild 6.7: Kanonisches Blockschaltbild eines linearen, zeitinvarianten Systems im zeitkontinuierlichen Bereich

Beispiel: Darstellungsformen der Übertragungsfunktion für ein Feder-Masse-Dämpfer-Systems

Die unterschiedlichen Darstellungsformen für zeitkontinuierliche Systeme werden anhand eines Feder-Masse-Dämpfer-Systems mit der Differentialgleichung

(6.67)

verdeutlicht. Eingangssignal ist der Kraftverlauf Fe(t), Ausgangssignal ist die Auslenkung x(t). Transformation in den Laplace-Bereich ergibt bei verschwindenden Anfangsbedingungen die Gleichung

(6.68)

Damit lautet die Übertragungsfunktion

(6.69)

Auf Basis dieser Darstellung und den Polen des Systems

(6.70)

können die Systemeigenschaften diskutiert werden. Andererseits erfolgt die Systemsimulation über eine Darstellungsform

(6.71)

Sie kann nach X(s) aufgelöst werden

(6.72)

Es ergibt sich das in Bild 6.8 dargestellte kanonische Blockschaltbild.

Bild 6.8: Kanonisches Blockschaltbild eines Feder-Masse-Dämpfer-Systems

Je nach Anwendungsfall wird die Darstellung mit Zähler- und Nennerpolynom oder die Darstellung über Integrierglieder mit der Laplace-Transformierten 1/s verwendet.

Zusammenfassung der Darstellungsformen von Übertragungsfunktionen

Übertragungsfunktionen werden damit sowohl bei zeitkontinuierlichen als auch bei zeitdiskreten Systemen in zwei Darstellungsformen behandelt. Sie sind in Tabelle 6.3 zusammen mit ihrer Anwendung dargestellt.

Tabelle 6.3: Übersicht zu Darstellungsformen von Übertragungsfunktionen und ihrer Anwendung
Anwendung Zeitkontinuierliche Systeme Zeitdiskrete Systeme
Mathematische Diskussion der Übertragungsfunktion
Darstellungsform zur Realisierung der Systeme

Die folgende Diskussion der Übertragungsfunktion zeitdiskreter Systeme bezieht sich damit auf eine Übertragungsfunktion der Form

(6.73)